Corriere del Ticino 10.2015

Übersetzung des Interviews

„Viele Bischöfe sind einverstanden, schweigen jedoch“

Die Analyse einer Schweizer Expertin über die Konferenz von Philadelphia.

Bei der dritten Konferenz über die Frauenordination, welche vergangenen Monat in Philadelphia stattfand, nahm auch eine Repräsentantin der Schweiz teil: Die junge Theologin Jacqueline Straub, welche gerade ihren Master an der theologischen Fakultät der Universität Luzern abschliesst.


Wie war die Konferenz über die Ordination der Frauen in Philadelphia und wer hat daran teilgenommen? 

Es nahmen etwa 500 Personen aus allen fünf Kontinenten teil. Vor allem Frauen, aber auch einige Männer. Ich habe festgestellt, dass die Teilnehmer in der Regel 50 bis 80 Jahre alt waren. Ich, mit meinen 25 Jahren, war mit Abstand die Jüngste und es waren nur 7-8 Personen, die mehr oder weniger mein Alter hatten. Jedenfalls war ich begeistert, so viele Leute zu treffen, die sich seit langer Zeit für die Causa des Priestertums der Frau einsetzen.

Hast Du die Gelegenheit erhalten, das Wort zu ergreifen?

Ja, ich habe einen Workshop geleitet mit dem Titel: „Dancing through Closed Doors: What to do when you’re a woman called to ordination“. Ich konnte über meine Berufung sprechen, andere Frauen ermutigen und meine Vision von Kirche vorstellen und was meiner Meinung noch alles getan werden muss, damit es in Zukunft Priesterinnen in der römisch-katholischen Kirche geben kann.

Zu welchen Resultaten kam die Konferenz?

Das Ergebnis der Konferenz war zum einen, dass ein Austausch stattgefunden hat, der über die Landes- und Kontinentsgrenze hinausgeht Jetzt geht es darum die Frage des Frauenpriestertums vorwärts zu tragen, die verbunden ist an eine Veränderung der Theologie des Leibes und vor allem an eine Veränderung der „Theologie der Frau“, von der Papst Franziskus gesprochen hat noch stärker auszuprägen und zu Wort bringen, da auch er erkannt hat, dass die Kirche in diesem Punkt zurückgeblieben ist.

Die Konferenz wollte außerdem betonen, dass die Weihe von Männer und Frauen ein integraler Bestandteil einer Kirche ist, die frei von Diskriminierung ist. Auch ein Ziel der Konferenz war aufzuzeigen, dass die Unterdrückung der Frau in der Geschichte zu einem ungerechter Ausschluss von Weiheämtern führte.

Die Konferenz wurde in Philadelphia abgehalten, ein paar Tage vor der Ankunft des Papstes zum Weltfamilientag. Wurde eine Nachricht an Franziskus verfasst?

Ja, die Nachricht ist kurz und klar: Papst Franziskus muss etwas tun, sodass die Frauen in der Kirche wirklich ernsthaft willkommen sind und echte Gleichheit erfahren. Das Forderung an den Papst ist, dass er die Frauenordination erlaubt, oder, wenn dies für ihn nicht möglich ist (wie er selbst sagte), dass er zumindest den Diskurs zu diesem Thema aufnimmt.

Ich für meinen Teil bin mir klar bewusst, dass bevor die Kirche diesen Schritt tut, sie die Notwendigkeit hat, sich neue Strukturen zu geben, da sie seit über 2000 Jahren überwiegend von einem männlichen Geist geprägt ist.

Alles in allem, welche Eindrücke hat die Konferenz von Philadelphia bei Dir hinterlassen und welche Aussichten öffnen sich und Deiner Meinung nach?

Vor allen Dingen war ich sehr glücklich, dass ich bei der Konferenz teilnehmen konnte, da ich dadurch die Gelegenheit hatte, so viele neue Kontakte zu knüpfen und bemerkt habe, dass es auf der ganzen Welt Menschen gibt, die sich dieser Angelegenheit widmen. Eine Teilnehmerin aus Indien sagte mir, dass auch dieses Land diese Frage sehr interessiert. Sogar viele Bischöfe würden sich im Privaten für das Frauenpriestertum aussprechen, aber würden es natürlich nie öffentlich sagen. Die Konferenz zeigte mir deutlich, dass das Thema Frau und Frauenpriestertum kein europäisches „Problem“ ist, sondern, dass weltweit in allen Kontinenten dieser Welt darüber gesprochen wird und geschaut wird, wie man es in die Tat umsetzen kann. Es gilt jedoch als generelles Phänomen: Trotz dem großen Interesse zu diesem Thema, spricht man leider wenig darüber und so scheint die Frage nicht aktuell zu sein, sie bleibt unbemerkt. Für meinen Teil bin ich überzeugt sie mit all meiner Kraft nach vorne zu bringen. Dann, alles was die Zukunft mir bringt, liegt in der Hand Gottes.